Übergangspräsident warnt Ostukraine vor Abspaltung

0
430
Kiew/Stralsund (Reuters) – Unmittelbar vor dem für Sonntag geplanten Referendum in der Ostukraine hat die Führung in Kiew vor einer Spaltung des Landes gewarnt.
Für die Regionen Donezk und Luhansk wäre ein "Ja"-Votum "ein Schritt in den Abgrund", erklärte Übergangspräsident Alexander Turtschinow am Samstag auf seiner Website. "Diejenigen, die für eine Selbstverwaltung eintreten, verstehen nicht, dass dies eine vollständige Zerstörung der Wirtschaft, der Sozialprogramme und des Lebens im allgemeinen für die Mehrheit der Bevölkerung in diesen Regionen bedeuten würde." Er erneuerte seine Bereitschaft, an einem Runden Tisch Gespräche über mehr Autonomie zu führen. Allerdings dürften "Terroristen" daran nicht teilnehmen, schränkte er mit Blick auf Rebellen ein, die Polizei- und Regierungsgebäude besetzt haben.
Deutschland und Frankreich riefen alle Konfliktparteien auf, auf Provokationen und Gewalt zu verzichten und noch vor der für Ende Mai geplanten Präsidentenwahl Gespräche auch über eine Dezentralisierung aufzunehmen. Sollte die Wahl am 25. Mai nicht stattfinden, würden Wirtschaftssanktionen verhängt, kündigten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Francois Hollande am Samstag in Stralsund an.
Die Ukraine droht in einen Bürgerkrieg abzurutschen. Im Osten des Landes kam es zuletzt vermehrt zu teils schweren Kämpfen zwischen Regierungskräften und prorussischen Separatisten mit zahlreichen Toten. Am Vortag des Referendums war die Lage in den großen Städten der Region angespannt. Aufständische errichteten Straßenblockaden. Berichte über neue Kämpfe lagen jedoch nicht vor, nachdem am Freitag in der Hafenstadt Mariupol zwischen sieben und 20 Menschen getötet worden waren. In Donezk entließen Aufständische mehrere Mitarbeiter des Roten Kreuzes, die sie sieben Stunden lang festgehalten hatten. Einer von ihnen war nach Angaben eines Rot-Kreuz-Vertreters in Kiew geschlagen worden.
MERKEL UND HOLLANDE DROHEN RUSSLAND MIT NEUEN SANKTIONEN
Der Konflikt belastet auch das Verhältnis zwischen dem Westen und Russland. Der Regierung in Moskau wird vorgehalten, die Krise anzuheizen, um die Ukraine zu destabilisieren mit dem Ziel, sich den Osten des Nachbarlandes einzuverleiben wie die Halbinsel Krim nach einem ähnlichen Referendum. Russland weist dies zurück.
Merkel und Hollande forderten den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, sich dafür einzusetzen, dass die Präsidentenwahl am 25. Mai in der gesamten Ukraine stattfinden könnte. Putin habe erste Anzeichen gemacht, sagte Merkel mit Hinweis auf dessen Aufruf an die Separatisten, das Referendum abzusagen. "Aber der russische Präsident muss noch mehr Signale der Deeskalation aussenden", forderte die Kanzlerin. Sollte die Präsidentenwahl scheitern, würden Wirtschaftssanktionen verhängt.
Bisher hat die EU im Ukraine-Konflikt nur Visa- und Kontensperrungen gegen russische Akteure verhängt, denen vorgeworfen wird, für den Griff nach der Halbinsel Krim und die Destabilisierung in der Ost- und Südukraine verantwortlich zu sein. Am Montag wollen die EU-Außenminister weitere Personen und erstmals auch Unternehmen mit Sitz auf der Krim auf die Liste setzen.
UNABHÄNGIGKEIT ODER NUR MEHR LOKALE RECHTE?
Es wird befürchtet, dass die Ukraine nach dem Referendum in Chaos abgleiten könnte und Wahlen dadurch verhindert würden. Die Regierung in Kiew lehnt das Referendum in den russischsprachigen Regionen als illegal ab. Auch Putin hat davon abgeraten. Dennoch wollen die Separatisten die Abstimmung durchziehen, auch wenn unklar ist, was genau beschlossen werden soll. Auf dem Stimmzettel soll mit Ja oder Nein beantwortet werden, ob man eine staatliche Eigenständigkeit der in Donezk und Luhansk von den Separatisten ausgerufenen Volksrepublik unterstützt. Ob das mehr lokale Rechte, eine breite Autonomie, Unabhängigkeit oder gar ein Schritt Richtung Aufnahme in die Russische Föderation bedeutet, ist umstritten.
– REUTERS
[do_widget_area inner_adsbar]

Comments are closed.