CSU hält Druck auf Merkel trotz weniger Flüchtlingen hoch

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Trotz der fast vollständigen Abriegelung der Balkanroute lässt der Druck der CSU auf eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung nicht nach.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verlangte am Wochenende, nach dem Vorbild Österreichs nur noch wenige Menschen täglich ins Land zu lassen. "Am Verhalten Österreichs, nur noch 80 Flüchtlinge am Tag aufzunehmen, gibt es nichts zu kritisieren", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das Kontingent solle sich an einer Jahresgrenze von 200.000 Personen orientieren. Dies würde täglich noch etwa 300 Flüchtlinge bedeuten. Die Balkanstaaten wollen ohnehin nur noch knapp 500 Menschen durchlassen, so dass Zehntausende Flüchtlinge in Griechenland festsitzen. In zwei Wochen wird in Deutschland in drei Bundesländern gewählt. Die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel ist dabei das beherrschende Thema.
Der Union, aber auch der SPD drohen Umfragen zufolge erhebliche Stimmenverluste, während die rechtspopulistische AfD in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg mit Erfolgen rechnen kann. CSU-Chef Horst Seehofer hatte im "Spiegel" zuletzt offengelassen, ob seine Partei Merkel bei der nächsten Bundestagswahl 2017 noch stützen werde. Entwicklungs-Minister Gerd Müller (CSU) forderte die Asyl-Standards in Deutschland zu senken, die im Vergleich zu Nachbarstaaten zu hoch seien. "Das führt unter anderem dazu, dass 90 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland bleiben", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
Union-Fraktionschef Volker Kauder sagte dem "Focus" mit Blick auf die bayerischen Forderungen, man dürfe jetzt nicht die Nerven verlieren. Deutschland dürfe keine einsamen Entscheidungen fällen. Einer Emnid-Umfrage im Auftrag der "Bild am Sonntag" zufolge konnten CDU und CSU in der Wählergunst bundesweit leicht zulegen. Die Union kam demnach auf 36 Prozent und damit einen Punkt mehr als in der Vorwoche. Die SPD blieb unverändert bei 24 Prozent.
SPD POCHT AUF SOZIALPAKET FÜR EINHEIMISCHE
Die SPD pochte am Wochenende auf ein Sozialpaket für Einheimische, auch um Vorwürfe zu entkräften, Flüchtlinge würden mit Milliardenausgaben bevorzugt. Eine soziale Spaltung der Gesellschaft müsse verhindert werden, sagte Parteichef Sigmar Gabriel der "Bild am Sonntag." Die SPD fordert unter anderem mehr Geld für Kita-Plätze sowie für ärmere Rentner, was in der Union – vor allem bei Finanzminister Wolfgang Schäuble – auf Widerstand trifft. Dieser nannte die SPD-Forderungen "erbarmungswürdig".
Merkel setzt unterdessen weiter auf eine europäische Lösung in der Flüchtlingskrise. In einer Woche steht der nächste EU-Gipfel an. Zudem strebt sie eine Einigung mit der Türkei an. Die Lage hat sich auf dem Balkan nach den Grenzsperrungen mehrerer Staaten für die Flüchtlinge zugespitzt. Viele drängen jetzt offenbar nach Albanien, um von dort weiter über die Adria nach Italien zu kommen. Dies alarmierte den italienischen Finanzminister Per Carlo Padoan: "Wenn eine Route blockiert ist, suchen die Flüchtlinge sich eine neue. Dafür muss man sich nur die Geografie Europas ansehen", sagte er der "Funke Mediengruppe". Europa müsse die Herausforderung so geschlossen wie möglich angehen. Bislang ist die Bereitschaft vor allem in den osteuropäischen Staaten aber gering, Flüchtlinge in größerer Anzahl aufzunehmen.
Die Bundesregierung fürchtet, dass die faktischen Grenzschließungen für Flüchtlinge auch die Warenströme in Europa und damit das offene Schengen-System aushebeln könnte. Das Wirtschaftsministerium widersprach einem Bericht der "Welt am Sonntag", wonach das Ressort die Kosten für die deutsche Industrie in einem internen Bericht für beherrschbar halte. Der Bericht beziehe sich nur auf die Folgen vorübergehender, punktueller Grenzkontrollen, wie sie derzeit in Kraft seien. Dauerhafte, intensive Kontrollen hätten jedoch gravierende Folgen für die exportintensive deutsche Wirtschaft, sagte eine Sprecherin des Ministeriums.
REUTERS
Sonntag, 28. Februar 2016
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