Syrische Opposition meldet 1300 Tote durch Giftgas

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- Agence France-Presse
Die syrischen Regierungstruppen sollen bei Angriffen auf Dörfer östlich von Damaskus 1300 Menschen getötet und dabei auch Giftgas eingesetzt haben. Das sagte George Sabra, ein Vertreter der oppositionellen Nationalen Syrischen Allianz, in Istanbul. Die Regierung dementierte den Einsatz von Giftgas.
Bereits zuvor hatte die wichtigste syrische Oppositionsgruppe von "mehr als 650 Toten" durch "eine tödliche Attacke mit Chemiewaffen in Syrien" gesprochen.
Die Äußerungen folgten auf Berichte mehrerer Oppositionsgruppen über Giftgaseinsätze der Regierungsarmee in der Region Ghuta nahe der syrischen Hauptstadt. Der allgemeine syrische Revolutionsausschuss veröffentlichte Videos auf YouTube, die den Giftgaseinsatz belegen sollten. Darin waren unter anderem Kinder zu sehen, die in einem Krankenhaus behandelt wurden, sowie Dutzende Leichen.
Die Echtheit der Videos konnte nicht unmittelbar überprüft werden. Der Revolutionsausschuss gab an, Hunderte Menschen seien getötet worden. Auch das Rebellennetzwerk Volkskomitees für Koordination berichtete von Hunderten Toten.
Die oppositionsnahe syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London nahm zunächst keine Stellung zu den angeblichen Chemiewaffeneinsätzen. Sie berichtete jedoch über eine Großoffensive der Regierungsarmee in der fraglichen Region mit Kampfflugzeugen und Raketenwerfern.
Die Beobachtungsstelle stützt sich auf ein breites Netzwerk von Aktivisten und Rettungskräften in Syrien. Auch ihre Berichte können nicht unabhängig überprüft werden.
Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana wies die Angaben über Giftgaseinsätze als "völlig falsch" zurück. Es handele sich um den Versuch, die derzeit in Syrien tätigen UN-Experten für Chemiewaffen von der Erfüllung ihrer Aufgabe abzuhalten. Auch die Armee wies die Vorwürfe in einer Mitteilung zurück, die im Staatsfernsehen verlesen wurde.
Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, es habe keine eigenen Erkenntnisse zu den Vorwürfen der Opposition. "Wir können diese Vorwürfe zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bewerten", sagte ein Sprecher des Außenministeriums vor Journalisten in Berlin.
Das Auswärtige Amt stehe in engem Kontakt mit den Vereinten Nationen. Deren Waffeninspekteure, die sich in Syrien aufhalten, müssten umgehend Zugang den Orten erhalten, an denen angeblich Giftgas eingesetzt worden sei.
Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) als deutscher Auslandsgeheimdienst erklärte, er könne zu den Berichten von einem Giftgas-Angriff in Syrien noch nichts sagen.
Mehrere europäische Länder forderten ein Einschalten der UN-Experten, die derzeit in Syrien früheren Berichten über Chemiewaffeneinsätze nachgehen. Die Inspekteure müssten "umgehend" Zugang zu den fraglichen Orten erhalten, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Das Ministerium stehe in Kontakt mit der UN.
Auch Frankreichs Präsident François Hollande verlangte nach Angaben seiner Regierungssprecherin, die Experten sollten "sich an die Orte des Angriffs begeben". Der britische Außenminister William Hague sagte vor einem EU-Außenministertreffen zu Ägypten in Brüssel, die Inspekteure müssten "uneingeschränkten Zugang" zu dem Gebiet erhalten. Sollten sich die Berichte bewahrheiten, wäre dies "eine schockierende Eskalation".
Der schwedische Außenminister Carl Bildt forderte auf Twitter ebenfalls eine Untersuchung durch die UN-Experten. Der Chef der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, forderte, die Inspekteure sollten sich "sofort" nach Ghuta begeben.
Der syrische Oppositionschef Ahmad Dscharba verlangte im Satellitensender al-Arabija ebenfalls ein Einschalten der UN-Kontrolleure. Zudem solle der UN-Sicherheitsrat eine Dringlichkeitssitzung einberufen. Dies forderte auch Saudi-Arabien. Hague erklärte in einer Mitteilung, sein Land werde die Vorwürfe vor dem Sicherheitsrat erörtern.
Regierung und Rebellen in Syrien haben sich gegenseitig bereits mehrfach den Einsatz von Chemiewaffen vorgeworfen. US-Präsident Barack Obama hatte den erwiesenen Einsatz solcher Kampfstoffe als "rote Linie" für ein Eingreifen in den Bürgerkrieg bezeichnet.
AFP/Reuters/dpa/mcz
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