Wieder Tote bei Ausschreitungen in Ägypten

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REUTERS
Kairo (Reuters) – Nach den Freitagsgebeten ist es in Ägypten zu den befürchteten Zusammenstößen zwischen Muslimbrüdern und Sicherheitskräften gekommen.
In der Stadt Damietta am Mittelmeer kamen nach Angaben des von Rettungskräften acht Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi ums Leben. In Kairo wurden nach ersten Meldungen die Leichen von 13 Menschen in eine Moschee gebracht, die bei Protesten getötet wurden. Viele wurden Augenzeugen zufolge verletzt. In der Hauptstadt setzten die Sicherheitskräfte Tränengas gegen Tausende von Demonstranten ein, die sich auf die Innenstadt zubewegten. Auch aus anderen Städten wurden Tote und Straßenkämpfe gemeldet.
Sowohl die vom Militär gestützte Übergangsregierung als auch die islamistischen Muslimbrüder ignorierten alle internationalen Appelle, eine Konfrontation zu vermeiden. Kurz nach Beginn der Ausschreitungen forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Francois Hollande in einer gemeinsamen Stellungnahme eine sofortigen Stopp der Gewalt.
Die Muslimbrüder riefen zu einem "Tag des Zorns" auf, nachdem am Mittwoch bei der Räumung zweier Protestlager in Kairo nach Angaben des Gesundheitsministeriums 578 Menschen ums Leben kamen. Die Muslimbrüder gehen aber von Tausenden Toten aus.
In der Stadt Ismailia im Nildelta kamen nach Angaben aus Krankenhäusern vier am Freitag Teilnehmer einer Kundgebung ums Leben. In Kairo setzte die Polizei nach Augenzeugenberichten normale Munition und Schrot ein. Zunächst war von vier Toten die Rede. Augenzeugen berichteten, Demonstranten hätten Brandbomben auf eine Polizeiwache geworfen. Das Militär hatte mit Stacheldraht gesicherte Kontrollposten im Stadtgebiet aufgebaut. Wichtige Straßen wurden mit gepanzerten Fahrzeugen abgeriegelt.
Zudem zogen der staatlichen Nachrichtenagentur Mena zufolge Soldaten vor wichtigen staatlichen Einrichtungen auf. Am Vortag waren Verwaltungsgebäude angesteckt worden und ausgebrannt. Das Innenministerium warnte, die Polizei werde mit scharfer Munition öffentliche Einrichtungen verteidigen. Zusammenstöße wurden auch aus der zweitgrößten ägyptischen Stadt Alexandria und aus Tanta gemeldet.
Die Muslimbrüder zeigten sich unbeeindruckt. "Nach den Räumungen, Verhaftungen und Morden, die wir zur Zeit erleben, kochen die Emotionen zu hoch, um sie noch lenken zu können", sagte ihr Sprecher Gehad al-Haddad. Trotz Trauer und Schmerz über die Toten sei der Wille noch größer, dem Militär Einhalt zu gebieten. Die Muslimbrüder verlangen den Rücktritt von Armeechef Abdel Fattah al-Sissi und die Wiedereinsetzung Mursis. 
Merkel und Hollande kündigten an, die EU-Außenminister sollten in der kommende Woche über die Zusammenarbeit mit Ägypten beraten. Die Bundesregierung werde ihre Beziehungen zu dem Land überprüfen, ließ Merkel erklären. Dies sollte auch die EU tun.  
US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hatte erklärt, die USA würden mit dem ägyptischen Militär weiter zusammenarbeiten. Er forderte jedoch von den Machthabern, auf Gewalt zu verzichten, die Versammlungsfreiheit zu respektieren und mit allen beteiligten Kräften einen Ausweg aus der Krise zu suchen.
Die ägyptische Regierung hatte jedoch die Kritik von US-Präsident Barack Obama am Vorgehen der Sicherheitskräfte zurückgewiesen. Obamas Kritik stütze sich nicht auf Fakten und werde gewaltbereite Gruppen ermuntern, hieß es in einer Erklärung. Ägypten sei mit "terroristischen Akten" konfrontiert, für die Anhänger Mursis verantwortlich seien.
Weltweit wurde vor einer Ausweitung der Krise gewarnt. Der UN-Sicherheitsrat forderte nach einer Dringlichkeitssitzung ein Ende der Gewalt. Das Auswärtige Amt verschärfte seine Reisehinweise und rief dazu auf, auf Reisen in das nordafrikanische Land zu verzichten. Touristikkonzerne sagten ihre Reisen bis Mitte September ab.
Das Militär hatte den demokratisch gewählten Präsidenten Mursi Anfang Juli nach Massenprotesten gestürzt. Ihm wird vorgeworfen, gemeinsam mit den Muslimbrüdern das Land islamistisch prägen zu wollen. Die Armee hat Wahlen und eine Rückkehr zur Demokratie in Aussicht gestellt. REUTERS
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